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Katharina Knothe im OP-Camp 2017
By: Asha Vihar
Mrz 22, 2017

Asha Vihar 2017


Wo soll ich anfangen? Am besten am Anfang, also bei der Entscheidungsfindung, ob ich 2017 nochmal mit nach Asha Vihar fliegen würde oder nicht, denn unglücklicherweise fiel das OP- Camp dieses Jahr genau in meine Prüfungsvorbereitungsphase, sodass ich zuerst gedacht habe, ich sollte nicht mitfliegen.
Nachdem mir aber bei einer Freundin ein Indien- Reiseführer in die Hände gefallen ist, den ich zufällig auf der Seite über Kalkutta aufschlug, habe ich meine Meinung schlagartig geändert und so war ich dieses Jahr glücklicherweise doch dabei.
Nach einem langen Flug und einer langen, klapprig- holprigen Busfahrt von Kalkutta nach Asha Vihar (das ca. 400 km nordüstlich von Kalkutta liegt) inklusive geplatztem Reifen mitten auf dem „Highway“ kamen wir irgendwann im Dunkeln, zwar müde und völlig gerädert, aber trotzdem glücklich und voller Tatendrang in Asha Vihar an.
Am nächsten Vormittag wurde der OP vorbereitet und das OP- Camp konnte starten. Da ich zum vierten Mal dabei war, war der OP- Alltag nichts Neues für mich, was aber nicht heißt, dass es nicht trotzdem immer wieder spannend ist und es vieles zu erfahren und erleben gibt. Besonders beeindruckt hat mich ein etwa 12-jähriger Junge namens Ruplal mit beidseits enorm nach vorn gebogenen Schienbeinen, der dadurch nicht laufen, sondern nur ein paar Schritte watscheln konnte und darum nicht in die Schule gehen konnte. Trotz seiner Behinderung ist er ein fröhliches, aufgewecktes, verschmitztes und neugieriges Kerlchen. Diesem Kind wurden beide Beine begradigt und ich möchte ihn unglaublich gerne mal laufen sehen, darum möchte ich im nächsten Jahr unbedingt wieder nach Asha Vihar, wenn er zu Materialentfernung wieder kommt.
Das Team war dieses Jahr unglaublich homogen und einfach toll. Es gab keine Reibungen oder Probleme, alle haben wunderbar zusammen gearbeitet. Ich würde fast sagen, es war das angenehmste und lustigste Team, mit dem ich bisher dort gearbeitet habe.
Das letzte Mal war ich vor zwei Jahren in Asha Vihar, und seitdem hat sich viel geändert. Denn Binoy, der bisher vor Ort unser Ansprechpartner war – ein ganz toller, lieber, offenherziger und intelligenter Mann, ist leider 2015 unter schrecklichen Umständen ums Leben gekommen, sodass nun Birgit und Andy, ein Pärchen aus Berlin, Asha Vihar vor Ort leiten und betreuen. Sie sind zwei wunderbare Menschen, die sich dem Prjojekt mit Herzblut und Hingabe verschrieben haben und den Laden – salopp gesagt- rocken!
Ich ziehe meinen Hut vor ihrem Mut, ihrem Elan und ihrem Durchhaltevermögen dieses Projekt in einem uns so fremden Land mit einer uns oft völlig fremden und unverständlichen Kultur voranzutreiben, zumal gerade in dem Gebiet rund um Asha Vihar die alten Traditionen noch sehr verankert sind.
Für mich war das schönste Erlebnis zu sehen wie die beiden mit viel Feingefühl, Herz und Verstand alte Traditionen versuchen aufzuweichen, indem z.B. Leute, die nach indischem (Kasten-) Denken auf der untersten Stufe stehen, neue und wichtige Aufgaben bekommen, um ihr Potential zu fördern. So hat Harry, der Fahrer in Asha Vihar, die Aufgabe bekommen dafür zu sorgen, dass der Generator einwandfrei läuft, ohne den das OP- Camp nicht reibungslos ablaufen könnte. Diese neue Aufgabe erfüllt Harry mit viel Stolz und Akribie und es hat ihm den Antrieb gegeben, nun doch Lesen und Schreiben und Englisch lernen zu wollen, was er bisher kategorisch abgelehnt hat. Diese Erweiterung von seinem Horizont beeindruckt mich sehr.
Auch der Umgang mit den Kindern in Asha Vihar, egal ob Waisen- oder OP- Kind, von Andy und Birgit ist sehr warmherzig und sie versuchen immer den Kids ein Lachen oder Kichern zu entlocken, was gar nicht so leicht ist, denn indische Kinder werden ab einem bestimmten Alter sehr ernst und versuchen immer Contenance zu wahren. Zu den Essenszeiten wurden die indischen Mitarbeiter eingeladen mit uns an einem Tisch zu essen und nicht, wie es sich nach ihrer Auffassung aus Respekt gehört, getrennt von uns. Als das gesamte Team von einem indischen Arzt, Dr. Anil, der schon lange Jahre Kontakt zu Asha Vihar hält und viel hilft, zum Essen zu ihm nach Hause eingeladen wurde, kamen sowohl der indische Arzt von Asha Vihar, Dr. Sahoo, als auch die Fahrer, die normalerweise im Wagen warten, mit.

Kurioserweise waren es zwei Fahrer für einen Bus: einer, der fährt und ein zweiter, der dem ersten beim Sehen hilft, da der erste damit manchmal Probleme hat. Klingt beängstigend, klappt aber sehr gut.

Letztendlich habe ich noch nie so deutlich wie hier gesehen und erlebt, dass sich wirklich eine andere Tür öffnet, wenn sich eine andere schließt.
Durch das Schreiben dieses kurzen Berichtes, und dadurch alles nochmal Revue passieren zu lassen schwelge, ich jetzt wieder in Erinnerungen, bereue es keine Sekunde, dass ich trotz Prüfungsstress mitgeflogen bin (zumal die Prüfungen alle sehr zufriedenstellend gelaufen sind und ich mich schwarz geärgert hätte, wäre ich deswegen nicht mitgeflogen!) und freue mich schon auf das nächste Mal.

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